von Mona Maria Winkler und Danja Schuster
An was denken Sie, wenn Sie über Mentale Gesundheit sprechen?
Egal wohin wir unseren Blick richten – sei es das florierende Angebot an Literatur, Workshops zum Thema Persönlichkeitsentwicklung oder Stressmanagement oder auch die Erkenntnisse der Positiven Psychologie – überall finden wir Hinweise dafür, dass Glück, Zufriedenheit und positive Emotionen im Allgemeinen die ultimativen Ziele zu sein scheinen, die wir in unserem Leben erreichen sollen. Die Empfehlung „Tu, was dir Freude bereitet“ gilt dabei längst nicht nur für das Privatleben. Das „Streben nach Glück“ gilt inzwischen auch für die Wahl des Arbeitsplatzes, zumindest in unserem Kulturkreis.
Andersherum wünschen sich auch Arbeitgebende glückliche Mitarbeitende. Positive Emotionen wurden in empirischen Studien bereits mit den verschiedensten wünschenswerten Aspekten in Verbindung gebracht: Sie erhöhen die Arbeitszufriedenheit, die Motivation, das Commitment, das Organizational Citizenship Behaviour und auch die Arbeitsleistung der Mitarbeitenden. So wurde in den letzten Jahren der Fokus in der Wissenschaft und in Ratgebern vermehrt darauf gerichtet, wie wir positive Emotionen erzeugen und fördern können, d.h. wie uns der „affect shift“ hinzu mehr positiver Emotionalität gelingt 1,2,3,4.
Vielleicht auch weil positive Emotionen für jeden von uns so viel angenehmer, willkommener sind als Ihre so unbeliebten Geschwister der negativen emotionalen Erlebniswelt. Wer ist schon gerne traurig, wütend oder hilflos? Wir alle ziehen es vor uns zufrieden, selbstbewusst und erfolgreich zu fühlen.
Unerwünschte Emotionen und ihre äußeren Anzeichen zu kontrollieren, gilt als unabdingbare Fähigkeit für den beruflichen Erfolg. Und zu einem gewissen Maß ist emotionale Regulationsfähigkeit das auch – essenziell für berufliche Professionalität und die erfolgreiche Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Dennoch werden zunehmend Expertenmeinungen und Studienergebnisse bekannt, die verlauten lassen, dass wir dabei einen wichtigen Punkt nicht übersehen dürfen: Was uns die Regulation unserer eigenen Emotionen kostet.5,6,7
Jeder, der beruflich oder privat bereits darauf angewiesen war, regelmäßig „unerwünschte“ Emotionen bei Seite zu schieben um stattdessen zumindest im Außen Zuversicht, Freundlichkeit und Selbstsicherheit zu suggerieren, weiß wie ungeheuer frustrierend das sein kann: Im täglichen Kundenkontakt stets überaus freundlich und zuvorkommend sein, obwohl das Team chronisch unterbesetzt ist und die eigene Gesundheit oder die eigene Beziehung gerade leiden. In der Teamsitzung begeistert für das neue Projekt zu motivieren, obwohl man gerade zwischen Home-Schooling und Home-Office kaum genug Schlaf bekommt. Emotional labor – zu Deutsch Emotionsarbeit – nennt sich dieses bewusste Kontrollieren unerwünschter Emotionen im beruflichen Umfeld passenderweise. Denn es ist echte Schwerstarbeit, vor allem wenn die eigene Unternehmenskultur oder die berufliche Aufgabe kaum Raum für Emotionen lassen, die keine Positivität ausstrahlen während der Alltag gleichzeitig geprägt ist von Unsicherheiten, Druck und Hektik.8,9
Viele mögen sich nun zurecht fragen: Aber ist das nicht genau der Grund, warum es Arbeit heißt und nicht Vergnügen – weil es Anstrengung und Selbstregulation erfordert über die persönlichen Schwierigkeiten und Gefühle hinweg immer wieder beruflich professionell aufzutreten und seine Leistung zu erbringen? Das Problem hierbei ist, dass immer wieder gezeigt werden konnte, dass die aktive Wegbewegung von dem, was wir tatsächlich fühlen hinzu im Kontext erwünschten oder erwarteten Emotionen nicht nur mit kurz- und langfristigen Kosten für den einzelnen Mitarbeitenden verbunden ist, sondern auch mit Kosten für das Unternehmen. Die „Emotionsarbeit“ hinzu erwünschten Gefühlen, die so anders sind, als die tatsächlich aktuell Empfundenen führt zum exakten Gegenteil von Produktivität: mehr emotionale Erschöpfung, niedrigere Arbeitsleistung und kontraproduktives Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten – meist ganz unbewusst! Andauernde emotionale Arbeit scheint also nicht nur ein großer Risikofaktor für krankheitsbedingten Ausfall zu sein, sondern auch für das Arbeitsklima und ungünstige Dynamiken zwischen den Mitarbeitenden. 10,11,12,13
Was machen wir nun also mit der Erkenntnis, dass wir nicht ohne negative Konsequenzen von uns und unseren Mitarbeiter:innen erwarten können, regelmäßig Emotionen zu zeigen, die sie überhaupt nicht fühlen? Brauchen wir eine Organisationskultur, in der alle Emotionen uneingeschränkt und jederzeit ausgelebt werden dürfen? Das ist wohl ebenfalls wenig realistisch.
Beschäftigen wir nur noch Menschen, die kontinuierlich glücklich, selbstsicher und motiviert sind? Wäre das unsere Prämisse, müssten wir wohl 99% aller Mitarbeiter:innen entlassen – uns selbst vermutlich eingeschlossen.
Die gute Nachricht ist: Wir sind unseren Emotionen natürlich nicht vollkommen ausgeliefert. Gesunde Emotionsregulation ohne langfristige Konsequenzen für Mensch und Organisation ist möglich. Das Geheimnis ist, Wege zu finden, um langfristig und authentisch mehr positive Emotionen zu empfinden. Dazu gehört zum einen das achtsame Wahrnehmen all der kleinen positiven Momente und das Feiern kleiner Erfolge. Darüber hinaus können wir uns darin schulen Bedürfnisse und Werte zu erkennen sowie kompetent auf schwierige Emotionen zu reagieren – ohne diese einfach wegzuschieben oder uns davon abzulenken. Dieses Set an Skills nennt sich „emotionale Kompetenz“. Diese Skills führen tatsächlich zu den bereits genannten und vielfältig positiven Auswirkungen auf die Arbeitsleistung und die Arbeitszufriedenheit, sowie einem Rückgang von Burnout und emotionaler Erschöpfung.14,15
Wie man das lernt? Und noch viel spannender: wie man seine Mitarbeiter:innen dazu befähigt? Genau damit beschäftigen wir uns in unseren multimodalen Seminaren zu Mental Health und in unseren Coaching-Angeboten. Sprechen Sie uns einfach darauf an!